Ukrainischer Präsident Selenskyj spricht im Bundestag.

„Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die es verdient.“ Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fand am vergangenen Donnerstag unmissverständliche und direkte Worte – gerichtet an Bundeskanzler Olaf Scholz. In einer Sonderveranstaltung des Bundestages war das ukrainische Staatsoberhaupt live per Video aus einem Kiewer Bunker dem Plenum im Deutschen Bundestag zugeschaltet.

Er berichtete über die zunehmende Grausamkeit der russischen Truppen, die vermehrt zivile Ziele angreifen. Selenskyj schilderte eindringlich deren beliebige Brutalität: „(…) Das sind Wohnhäuser, Krankenhäuser, Schulen, Kirchen, alles. Mit Raketen, mit Luftbomben, mit Artillerie.“ Medienberichten zufolge sind seit Kriegsbeginn mehr als 3 Millionen Ukrainer aus ihrer Heimat geflohen. Laut Angaben des Bundesinnenministeriums wurden bislang 187.000 Einreisen von Kriegsflüchtlingen nach Deutschland registriert. (Stand: 18.03.22)

In seiner 20-minütigen Rede erneuerte der ukrainische Präsident eindringlich seine Forderungen. Darunter: Die Schaffung einer Flugverbotszone, um eingekesselten Menschen in der belagerten Stadt Mariupol die Flucht zu ermöglichen. Selenskyj spielte auf die deutsche Geschichte und die Berliner Blockade Ende der 40er Jahre an. Die Ukraine selbst könne keine „Luftbrücke“ bauen, denn „vom Himmel fallen nur russische Bomben.“

Selenskyj warf Deutschland vor, daran mitgewirkt zu haben, die Ukraine Russland auszuliefern. Festmachen tat er dies an dem Vorhaben, die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zu realisieren und dem mangelnden Einsatz daran, der Ukraine einen NATO-Beitritt zu ermöglichen. Ebenfalls fand er mahnende Worte. Die russische Invasion habe „eine Art neuer Mauer mitten in Europa geschaffen“, so Selenskyj und erklärte weiter, dass diese Mauer Europa zwischen „Freiheit und Unfreiheit“ trenne.

„Zerstören Sie diese Mauer. Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die es verdient.“ Nur so könne man sicher gehen, dass nicht erneut etwas passiert, „wofür man wieder eine lange Aufarbeitung braucht.“ Indem man der Ukraine einen Beitritt in die EU ermögliche, könne man zumindest dafür sorgen „nicht noch einen weiteren Stein in die Mauer zu setzen“, betonte Selenskyj weiter.

Zu guter Letzt: Ich bedaure, dass die Vizepräsidentin ohne Pause oder Aussprache zur Tagesordnung übergegangen ist. Das ebenso historische wie berührende Momentum hätte einen anderen Verlauf verdient.

„Der Mut der Menschen in der Ukraine verdient jede denkbare Unterstützung aus Deutschland. Deshalb begrüße ich ausdrücklich die dreifache Korrektur der deutschen Außenpolitik: grünes Licht für SWIFT-Bann, sofortige Waffenlieferungen in die Ukraine und dauerhafte Finanzierung unserer NATO-Bündnisverpflichtungen. Die Union verzichtet auf Oppositions-Kleinklein. Auch das ist ein starkes Signal an den Aggressor Putin. Deutschland steht GE- und ENTschlossen für die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine.“

„Mit seinem Militärangriff greift Putin ganz Europa an. Er bringt Leid über die Menschen in der Ukraine und verrät sein eigenes Volk. Wer anlasslos einen Krieg vom Zaun bricht, setzt sich ins Unrecht und wird bezahlen – whatever it takes. Herr Putin, unterschätzen Sie nicht die Wehrhaftigkeit der Freien Welt!“

„Überzeugen ist gesellschaftlicher Fortschritt, Menschen gegen ihren Willen zu zwingen dagegen nicht.“

Das Thema „Allgemeine Impfpflicht“ wurde zuletzt zum ersten Mal im Plenum debattiert. Die Abwägung zwischen staatlicher Schutzpflicht einerseits und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit andererseits ist eine medizinethische Frage. Deshalb ist es gut, wenn der Deutsche Bundestag eine offene Orientierungsdebatte führt, bevor die Gruppenanträge oder Gesetzentwürfe eingebracht werden.

Eine hohe Impfquote ist und bleibt der Königsweg aus der Pandemie. Ob allerdings eine gesetzliche Impfpflicht automatisch zu einer ausreichend hohen Impfquote führt, ist zweifelhaft. Neben immensen Umsetzungsproblemen im Verwaltungsvollzug, den erheblichen Schwierigkeiten in kürzester Zeit ein rechtskonformes Impfregister aufzubauen oder der berechtigten Frage nach sozial gerechten Bußgeldern zeigt auch ein Blick in die Geschichtsbücher: Eine staatliche Impfpflicht mobilisiert Widerstand, führt zu gefälschten Impfausweisen und terminiert ganz allgemein Vertrauen in die staatlichen Institutionen.

Dabei bleibt die Lage volatil. Vielleicht kommt im Herbst eine Variante, die so gefährlich ist wie Delta und so infektiös wie Omikron. Vielleicht kommt sie nicht. Um überhaupt Nutzen aus der Impfpflicht ziehen zu können, müsste man sie quasi auf Verdacht beschließen. Grundrechtseinschränkungen auf Vorrat lehne ich ab.

Längst sind noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, eine höhere Impfquote zu erreichen. Totimpfstoffe sind in der Zulassung, Medikamente werden entwickelt und Krankenhäuser lernen, Intensivkapazitäten flexibel der Lage anzupassen. Viel hängt auch von der Kommunikation mit Ungeimpften ab. Gehen wir ernsthaft auf die unterschiedlichen Motivlagen ein? Gibt es niedrigschwellige und empathische Beratungsangebote?

Deshalb sage ich: „Überzeugen ist gesellschaftlicher Fortschritt, Menschen gegen ihren Willen zu zwingen dagegen nicht.“

Praktikant Jurij berichtet aus meinem Büro

In den letzten zwei Wochen hatte ich Zuwachs aus dem Sauerland in meinem Berliner Abgeordnetenbüro. Jurij Frigge besucht die Oberstufe des Gynasium Laurentianum in Arnsberg und hat bei mir ein Praktikum absolviert. Ich habe mich sehr über seine Unterstützung gefreut und wünsche ihm alles Gute! Über seine Zeit in Berlin hat er selbst einen Bericht verfasst:

„In den letzten zwei Wochen habe ich das Sauerland für ein Praktikum im Bundestag verlassen. Das waren aber mal zwei spannende Wochen!

Ich habe gelernt, was man alles als Abgeordneter machen und bedenken muss. Genauso habe ich gelernt, was die Mitarbeiter der Abgeordneten im Hintergrund an Arbeit leisten. Spannend war es auch, die ganzen prominenten Politiker live mit eigenen Augen zu sehen.

In dieser Woche konnte ich sogar zwei Debatten auf der Besuchertribüne lauschen. Es waren die Regierungsbefragung von Robert Habeck und der Jahreswirtschaftsbericht. Es ist nochmal ein ganz anderes Feeling, wenn man auf der Besuchertribüne sitzt als eine Rede im Fernsehen anzuschauen. Die Politik fühlt sich fast schon hautnah an. Außerdem war ich das erste Mal in Berlin, was fast genauso spannend war. Im Vergleich zum schönen Sauerland ist in Berlin deutlich mehr los.
Allerdings freue ich mich nach diesen spannenden zwei Wochen auch wieder enorm, zurück im Sauerland zu sein.“